Tipps für die Beratung
zu torffreier Erde

Foto: Green Solutions

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Immer mehr Gartencenter verkaufen torffreie oder torfreduzierte Erde. Bei zwei Seminaren des HOT-Projekts („Hobby-Gartenbau mit torfreduzierten und torffreien Substraten auf Basis nachwachsender Rohstoffe“) gab es für die Mitarbeiter wichtige Informationen, was beim Verkauf und auch bei der Lagerung zu beachten ist.

Von unserer Redakteurin Yvonne Stock

Diese Heidelbeere ist durch ­Sauerstoffmangel eingegangen. Foto: HSWT HSWT IGB

Diese Heidelbeere ist durch ­Sauerstoffmangel eingegangen. Foto: HSWT HSWT IGB

„Aus Sicht der Pflanze ist ein Blumentopf oder ein Balkonkasten ein Extremstandort“, sagte Dr. Dieter Lohr vom Institut für Gartenbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Auf engstem Raum müssen Pflanzen hier an Wasser, Luft und Dünger gelangen, um Frischmasse zu bilden. Gleichzeitig ist der Blumentopf aber auch ihr „Abfalleimer“, weil sie über die Wurzeln Stoffe abgeben, Teile von Wurzeln absterben und es zu mikrobiellen Umbauprozessen kommt. Das alles stellt sehr hohe Anforderungen an das Substrat.

Bei Verwendung torfreduzierter oder torffreier Blumenerden gibt es für die Hobbygärtner zwei große Baustellen, erläuterte Lohr: Die Bewässerung und die Düngung. Die meisten Stoffe bis auf Kokos haben eine geringere Wasserkapazität als Torf. Das führt im Ergebnis dazu, dass die Gartencentermitarbeiter ihren Kunden raten müssen, häufiger zu bewässern, aber in kleineren Mengen. Überfließendes Gießwasser ist dabei unbedingt zu vermeiden, weil es bräunliche Flecken verursachen kann, erklärte Lohr. Wenn die Hobbygärtner braune Flecken auf ihre helle Terrasse bekommen, „leidet schnell die Akzeptanz von torffreien Substraten“.

Der Wissenschaftler wies zudem auf Herausforderungen beim Umtopfen hin. Wissenschaftler topften im Versuch Heidelbeeren, die in einem torfhaltigen Substrat produziert wurden, in ein torffreies, stark mineralisches Substrat um. Sie gossen mittels Fingerprobe, aber die Heidelbeere warf dennoch irgendwann die Blätter ab. Der Grund: Das Wasser wurde aus dem torffreien Substrat nach innen in den alten Topf gezogen. „Sie ist durch Sauerstoffmangel eingegangen“, erläuterte Lohr.

Die Schaupflanzungen unter idealen Bedingungen. Fotos: HSWT IGB

Die Schaupflanzungen unter idealen Bedingungen. Fotos: HSWT IGB

 Sauerstoffmangel wegen Verdichtung

Ein weiteres Problem ist die Mischung von leichten (zum Beispiel Holzfaser) und schweren (Kompost und Rindenhumus) Substratausgangsstoffen. Dies kann zu einer Verdichtung und damit einer Verringerung der luftführenden Poren führen. Diese verdichteten Substrate neigen zur Vernässung, was ebenfalls Sauerstoffmangel der Pflanzen zur Folge hat. Beim Gießen ist zudem wichtig zu beachten, dass torffreie Substrate oberflächlich oft abtrocknen, während sie weiter unten im Kübel oder Balkonkasten noch nass sind. Zudem nimmt der Gewichtsunterschied zwischen nassen und trockenen Substraten mit zunehmendem Torfersatz ab. Den Topf anzuheben, um zu erkennen, ob die Erde ausgetrocknet ist, funktioniert daher nicht mehr, sagte Lohr.

Aus seiner Sicht sind Hilfsmittel zur Verbesserung der Wasserversorgung keine ideale Lösung. Tonkegel etwa geben zwischen 150 und 200 Milliliter Wasser pro Tag ab. Der Unterschied in der Wasserhaltekraft zwischen einem Torfsubstrat und einer torffreien Erde beträgt aber bei einem Ein-Meter-Kasten um die zwei Liter. Kästen mit einem großen Wasserreservoir helfen in trocken-heißen Phasen, können aber in Regenperioden zu einer Vernässung der Erde führen.

Zudem existieren auch Superabsorber, so genannte Hydrogele, zur Verbesserung der Wasserkapazität. Hier ist aber laut Lohr Vorsicht geboten, da diese zum Teil kunststoffbasiert sind – Stichwort Mikroplastik. Es gibt inzwischen auch Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Ein Problem – unabhängig vom Material – ist die Struktur der Produkte. Nach dem Gießen können sich unansehnliche Schleimklumpen bilden und beim Austrocknen neigen die Substrate zum Verkrusten, erläuterte der Wissenschaftler.

Die zweite Baustelle ist die Düngung. Normalerweise lautet die Empfehlung auf flüssigen Hobbydüngern: „Eine Verschlusskappe wöchentlich auf drei Liter Gießwasser“. Das Problem: „Wenn es nass ist, wird auch nicht gegossen, dann bekommt die Pflanze ­keinen Dünger.“ Zudem sorgen die Ersatzstoffe in der Blumenerde auch dafür, dass andere Dünger notwendig sind. So enthalten Blumenerden mit Kompost in der Regel sehr viel Phosphor und Kali. Der Gehalt an diesen Nährstoffen in den Düngern kann daher deutlich geringer sein. Wichtig ist, dass die Zusammensetzung des Düngers zum Substrat passt.

Die Endverbraucher müssen aus Lohrs Sicht wieder lernen, auf die Pflanze zu achten und nach Bedarf zu düngen. Sechs Wochen mit der ersten Düngung zu warten, was auf Substratsäcken oft empfohlen wird, kann schon zu lange sein. Da leiden die Pflanzen meistens schon an Stickstoffmangel und erholen sich den Sommer über davon auch nicht mehr. „Raten Sie den Kunden, mehr auf ihre Pflanzen zu achten“, lautete dann auch Lohrs Empfehlung. „Torffreie Substrate sind erklärungsbedürftige Produkte.“ Wenn die Hobbygärtner keinen Erfolg damit haben, verlieren sie die Lust am Gärtnern. Er verwies darauf, dass das Modell- und Demonstrationsvorhaben HOT daher drei Informationsflyer als Druckdateien zur Verfügung stellt, die Gartencentermitarbeiter kostenfrei zur Information ihrer Kunden nutzen können.

Hinsichtlich der Qualität von Blumenerden empfiehlt Lohr, beim Einkauf auf das RAL-Gütezeichen zu achten: „Die Hersteller haben ein Bewusstsein für Qualität und unterwerfen sich einer externen Qualitätskontrolle.“ Entscheidend ist zudem die Lagerung. Wenn die Erde am Verkaufsort im Freien liegt, dann leidet die Qualität der torffreien Produkte massiv, warnte der Wissenschaftler. Er riet auch dazu, die Lagerzeiten zu verkürzen.

Die Wissenschaftler der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf führten im Projekt HOT zum einen Schaupflanzungen unter idealen Bedingungen durch. Zum anderen haben Hobbygärtner sich in einem Reallabor, also ihrem ­eigenen Gärten, um Blumen- und Naschgemüse in Balkonkästen sowie Tomaten im Kübel gekümmert, ihre pflegerische Tätigkeit dokumentiert und den Erfolg ihrer Bemühungen bewertet. Auch hier zeigte sich mit torfreduzierter beziehungsweise torffreier Erde an heißen Tagen ein latenter Wasserstress. Das Substrat konnte gar nicht so viel Wasser aufnehmen, wie die Pflanzen den Tag über benötigt hätten, erläuterte Johannes B. Grote, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, der die Teilnehmer betreute. Die Folge waren schlaffe Pflanzen.

Die Hobbygärtner bewerteten laut Grote ihren Erfolg sehr subjektiv. Auftretende Probleme führten sie nicht auf das Substrat, sondern auf die Pflanzen, Unwetter, Schädlinge und teilweise auf fehlendes eigenes Wissen zurück. „Hier muss man schauen, dass die Reklamation nicht wegen der Pflanze kommt“, sagt Grote.

 Er erinnerte daran, dass die meisten Hobbygärtner eine Blumenerde nicht kaufen, weil sie torffrei ist, sondern weil sie damit ein gärtnerisches Ziel erreichen wollen, zum Beispiel einen Balkonkasten schön zu bepflanzen oder dort Naschgemüse zu ziehen. „Der Hobbygärtner hat zur Erde keinen so starken Bezug wie zur Pflanze“, erläuterte Grote. „Er hat sich vorher wahrscheinlich zum Gärtnern informiert, aber nicht so stark zur Blumen­erde.“ Es kann passieren, dass ein Kunde in das Gartencenter kommt und von Problemen mit seiner Pflanze berichtet, aber das Problem in Wirklichkeit beim Substrat liegt.

Gerade bei der älteren Generation sind öfter noch Fehl- und Falschinformationen zu Torf sowie seiner Anwendung im Umlauf, berichtete der Wissenschaftler. Diese können Gartencentermitarbeiter im Beratungsgespräch aus Grotes Sicht abbauen. Zudem müssen sie auf eine Änderung des Pflegeverhaltens proaktiv hinweisen, rät er: „Wenn Sie ein torffreies Substrat nutzen, dann müssen Sie Ihr Dünge- und Gießverhalten anpassen“. Grote riet dazu, die torffreie ­Erde mit dem passenden Dünger und beispielsweise einem Bewässerungskasten zu verkaufen, Stichwort Cross-Selling. Er empfahl, auf einem Schild zu informieren: „Wenn Sie das Substrat nehmen, dann nehmen Sie den Dünger dazu.“ Im Projekt HOT sind auch Schulungsvideos zur Anwendung torffreier Erde entstanden, die Gartencenter am POS zeigen können. „Unter Hobbygärtnern wird über gute Beratung geredet“, sagte Grote.

Nach Angaben des Wissenschaftlers pflanzen viele Hobbygärtner ihre Gemüsepflanze ein und warten dann nur noch auf die Ernte. Sie pflegen sie nicht und düngen nicht nach. Grote rät, insbesondere den Kunden, die biologisch gärtnern möchten, zu empfehlen, Hornspäne direkt beim Pflanzen unterzumischen, weil die Nährstoffe der Pflanze nicht direkt zur Verfügung stehen. Bei akutem Nährstoffmangel empfiehlt er flüssige Dünger, da der darin enthaltene organische Stickstoff sehr schnell umgesetzt wird.

Ein großes Thema bei den Seminarteilnehmern waren Trauermücken. Grote wies wie Lohr daraufhin, wie wichtig die richtige Lagerung der Substrate ist. Die Wissenschaftler empfehlen, Gelbtafeln oder Nematoden zu nutzen.

Mehr Informationen für Hersteller, Händler und Verkäufer unter bit.ly/4izt4cM. Anfragen zu Flyern und den
 Videos können an hot@hfwu.de gesendet werden.

Vorteile von Torf

Torf bringt viele positive Eigenschaften von Natur aus mit, zum Beispiel im Hinblick auf Strukturstabilität, Wasser- und Luftkapazität, Freiheit von Unkrautsamen, Krankheiten und Schädlingen oder die Substrathersteller können sie einfach einstellen, zum Beispiel den pH-Wert oder die Nährstoffgehalte. Zudem ist Torf sehr gut lagerfähig. Einzig bei der pH- und Nährstoffpufferung hat Torf Nachteile gegenüber anderen Substratausgangstoffen wie Ton oder Rindenhumus. Ob Torf für die mikrobielle Belebung gut oder schlecht ist, dazu ist laut Dr. Dieter Lohr zu wenig bekannt. Ein Liter Weißtorf kann etwa 800 Milliliter Wasser speichern und enthält gleichzeitig ausreichend Luft. „Das macht ihn so wertvoll als Substratausgangsstoff“, erläuterte Lohr. Aber der Wissenschaftler erläuterte auch, warum Torf nicht mehr zum Einsatz kommen sollte. Hochmoore wachsen sehr langsam: Es dauert rund 3.000 Jahre, bis sich eine drei bis vier Meter mächtige Torfschicht gebildet hat. Wenn das Moor entwässert wird, ist diese Schicht bereits nach 200 Jahren wieder verschwunden. „Die Verwendung von Torf hat direkten Einfluss auf den Klimawandel“, sagte Lohr. Moore bedecken nur drei bis vier Prozent der Landfläche, aber darin sind 25 bis 45 Prozent des in allen Böden gespeicherten CO2 enthalten. Das Ziel der Bundesregierung ist deshalb, dass im Hobbybereich ab 2026 nur noch torffreie Erde zum Einsatz kommt.

Hobbyerden

Im Produktionsjahr 2024 betrug laut Industrieverband Garten (IVG) der Torfanteil in Blumenerden für den deutschen Hobbymarkt 33 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 41 Prozent. Vier Millionen Kubikmeter Erde produzierten die Hersteller für den deutschen Hobbygartenbau, 1,1 Millionen davon waren laut IVG bereits torffrei. Bei den Ersatzstoffen hatte Kompost mit 36 Prozent den größten Anteil, dann folgten Holzfaser mit 16 Prozent, Rindenhumus mit 7 Prozent, sonstige organische Ausgangsstoffe mit 3 Prozent, mineralische Ausgangsstoffe mit 3 Prozent und Kokos mit 2 Prozent. Ob der Torfanteil bis 2026 wirklich bei 0 Prozent liegt, dahinter machte Dr. Dieter Lohr ein Fragezeichen.

Foto: 994yellow - stock.adobe.com

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Drei Typen von Hobbygärtnern

Holger Braun von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen hat untersucht, warum Menschen überhaupt gärtnern. Er teilt die Hobbygärtner in drei Gruppen auf: die lebensmittelproduzierenden Gärtner, die Umweltschützer und die Entspannungsgärtner. Der Großteil von ihnen ist der Meinung: „Mein Garten ist meine Wohlfühloase.“ Für alle Hobbygärtner ist der Erfolg des Gärtnerns von besonderer Wichtigkeit. Daher ist es entscheidend, dass Blumenerden gut „funktionieren“, damit Pflanzen gut wachsen und sie ihre Ziele erreichen. Braun unterteilt die Erdenkäufer in drei Gruppen: Etwa 20 Prozent sind informierte Klimagärtner, rund 10 Prozent sind gleichgültige und überforderte Gärtner. Letztere sind oft davon überzeugt, dass der eine Sack mit Torf auch nichts am Klimawandel ändert. Der größte Teil sind anwendungs- und erfolgsorientierte Gärtner. Hobbygärtner dieser Käufergruppe unterliegen laut Braun oft Falsch­informationen zum Torf und dessen Klimawirkung. Die letzten beiden Gruppen – und damit rund 80 Prozent der Erdenkäufer – muss das Verkaufspersonal daher richtig ansprechen, damit ihr torffreies Gärtnern zum Erfolg wird.

Foto: alter_photo - stock.adobe.com

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