Torfausstieg:
So läuft er in anderen Ländern

Ein Vorreiter in Sachen Torfausstieg ist die Schweiz. Dort hat der produzierende Gartenbau eine Absichtserklärung unterschrieben, bis 2030 den Torfanteil in Substraten auf maximal fünf Prozent zu reduzieren. Begleitende Untersuchungen vom Schweizer Kompetenzzentrum Agroscope machen deutlich: Das kann ohne Probleme für viele Pflanzenarten funktionieren, teilweise sind positive Effekte auf die Pflanzenstärkung und damit zu weniger Pflanzenschutz festzustellen.
Von Katrin Klawitter
Vorbild Schweiz:
Fünf Prozent Torf bis 2030
„In der Schweiz sind die Moore seit 1987 geschützt und es darf kein Torf mehr abgebaut werden. Dagegen werden jährlich geschätzt bis zu 524.000 Kubikmeter Torf in die Schweiz importiert. Um auch im Ausland Umweltschäden zu vermindern, hatte die Schweizer Regierung 2012 ein Torfausstiegskonzept verabschiedet. Es sieht vor, dass die Branchen in einer ersten Phase durch die Umsetzung von freiwilligen Maßnahmen aktiv werden.
Wichtigste Faktoren des Konzeptes sind die Sensibilisierung der relevanten Marktteilnehmer, die Formulierung von freiwilligen Maßnahmen, die Forschung über Alternativen zu Torf sowie die Förderung der Verfügbarkeit von angepassten und nachhaltigen Torfsubstituten. Im Sommer 2017 wurde eine erste Absichtserklärung von den Marktteilnehmern unterschrieben, um den Torfeinsatz in der Herstellung, im Angebot und im Verbrauch von Sackerden für Endverbraucher in der Schweiz bis 2020 freiwillig auf maximal fünf Prozent zu vermindern.
Im Sommer 2019 folgte eine weitere Absichtserklärung, um die Torfverwendung im produzierenden Gartenbau und Gartenhandel zu reduzieren. Unterzeichnet haben sie der Unternehmerverband JardinSuisse, seine rund 1.700 Mitglieder, Coop und Migros sowie die zwei Erdenproduzenten Ricoter und Ökohum. Diese zweite Absichtserklärung fordert von den Unterzeichnenden, den Torfanteil in der Produktion und im Angebot von Zierpflanzen (Beet- und Balkonpflanzen), Zimmerpflanzen, Stauden und Ziergehölzen in Containern oder Töpfen bis 2025 auf maximal 50 Prozent und bis 2030 auf maximal fünf Prozent zu vermindern. Betrieben im produzierenden Gartenbau, die sich zur Absichtserklärung bekennen, wird nun bei der Umstellung auf torffreie beziehungsweise torfreduzierte Substrate eine kostenlose Fachbegleitung für eine Kulturperiode angeboten. Weitere Bestrebungen zur Torfreduktion laufen im Beeren- und Gemüsebau, hier vor allem in der Setzlingsproduktion. Ein Torf-Newsletter des Bundesamtes für Umwelt informiert über den Stand der Aktivitäten. Mehr dazu hier.
Die Forschung und Entwicklung ist hier ein wesentlicher Treiber für die Erweiterung des Angebots an qualitativ vergleichbaren Torfsubstituten. Verschiedene Studien zu Torfsubstituten wurden von verschiedenen Forschungsorganisationen in der Schweiz durchgeführt. Agroscope hat in diesem Zusammenhang zahlreiche organische Substratkomponenten für den Zierpflanzen-, Beeren- und Gemüsebau getestet. Die Substrate, die Torf ersetzen können, werden vorzugsweise aus regionalen Nebenprodukten der Forst- und Landwirtschaft hergestellt, die vor allem in landwirtschaftliche Böden eingearbeitet oder verbrannt wurden.“
Dr. Christoph Carlen, Agroscope Schweiz, und Laura Tschümperlin, Bundesamt für Umwelt, Schweiz

Österreich:
Torfreduktion um 30 Prozent
Österreich hat sich mit der Unterzeichnung der Alpenkonvention zum Erhalt von Hoch- und Flachmooren zum mittelfristigen Ausstieg aus der Torfnutzung verpflichtet. Die Richtlinie „UZ32“ des österreichischen Umweltzeichens kritisiert die österreichischen Torfimporte aus Osteuropa und fordert die Substitution durch Holzfasern, Rindenhumus, Kompost, Tonmineralien, Lavagranulate und biogene Abfälle. Kultursubstrate, Bodenhilfsstoffe, Düngemittel und Komposte erhalten nur dann das österreichische Umweltzeichen, wenn sie torffrei sind. In Niederösterreich, dem Ursprungsland der „Natur im Garten“ Bewegung, legen die Kernkriterien fest, dass im öffentlich ausgeschriebenen Gartenbau weder chemisch-synthetische Pestizide und Dünger noch Torf eingesetzt werden dürfen. Die Wirtschaftskammer Österreichs und die Bundesinnung der Gärtner und Floristen sprechen sich aber gegen ein komplettes Torfverbot aus und für eine Reduktion auf 30 Prozent.
Katja Batakovic, „Natur im Garten“, Österreich

Großbritannien: Bis 2030 soll die Produktion torffrei erfolgen
Bis 2011 setzte die Regierung auf die freiwillige Bewegung der Industrie hin zu torffreien Produkten, dann wurden in England spezifische Zeitpunkte für eine Beendigung des Einsatzes von Torf festgelegt: Ab 2015 kein Einsatz von Torf mehr im Rahmen öffentlicher Beschaffungsprogramme, ab 2020 kein Torf mehr für Hobbygärtner und ab 2030 Ende des Einsatzes von Torf durch professionelle Anbaubetriebe. Aktuell liegt die allgemeine Reduzierung des Torfeinsatzes über alle Substrate und Bodenverbesserer hinweg bei rund 53 Prozent. Bestimmte Anbaugebiete sind nun frei von Torf, Bodenverbesserern, Beerensubstraten und Substraten für die Erzeugung in Semi-Hydrokultur. Die Growing Media Association (GMA) arbeitet mit Landwirtschaftsministerium, Handel, Erzeugern und NROs zusammen, um den Ersatz von Torf voranzutreiben. Gleichzeitig erkennt sie an, dass Preis und Leistung der neuen Mischungen nicht zum Nachteil einer Industrie gereichen dürfen, die sowieso schon mit kleinen Margen arbeitet. Und dass das Ersetzen von Torf nicht selbst wieder andere negative Einflüsse auf die Umwelt, wie unerwünschte Landnutzungsänderungen in anderen Erdteilen oder den Missbrauch von knappen Wasserressourcen, auslösen darf.
Neil Bragg, Chairman Growing Media Association, GB

Frankreich: Torfreduktion auf Betreiben der Industrie
Die Reduzierung der Verwendung von Torf in Kultursubstraten ist in Frankreich vor allem auf die Bemühungen der Industrie und auf wirtschaftsgetriebene Initiativen zurückzuführen. Der Einfluss der Politik war hier nicht der Hauptgrund für die relativ geringe Abhängigkeit der französischen Kultursubstratindustrie vom Rohstoff Torf. Aus technischen Gründen bleibt Torf auch in Frankreich weiterhin der wichtigste Rohstoff für Kultursubstrate, sein Einsatz ist über die letzten Jahre nur leicht zurückgegangen. In Kultursubstraten für Hobbygärtner hat die Bedeutung von Torf in den letzten Jahren allerdings abgenommen. Darüber hinaus werden vor Ort noch viele andere Rohmaterialien, meist organischer Herkunft, verwendet. Gründe für die jüngsten Entwicklungen bei diesen Rohstoffen sind unter anderem, dass aufgrund geologischer und klimatischer Faktoren sowie oft komplexer Abbauverfahren wenig qualitativ hochwertiger Torf zur Verfügung steht, es politische Vorgaben bezüglich der Genehmigungen zum Torfabbau gibt und die Verfügbarkeit alternativer Materialien mit akzeptablen technischen Werten noch nicht ausreichend ist.
Laurent Largant, General Delegate of Afaïa

Die Niederlande setzen auf das Zertifizierungssystem RPP
Der niederländischen Substrathersteller konzentrieren sich auf die integralen Nachhaltigkeitsaspekte in der gesamten Kette. Das sagt die niederländische Vereinigung der Substrathersteller (VPN, NL-Gravenzande). Sie verweist auf eine Ökobilanz (GME) auf europäischer Ebene, die eine verlässliche Grundlage für die Nachhaltigkeitsaspekte aller Rohstoffe bieten soll. Deshalb habe der niederländische Substratsektor Ziele hinsichtlich der Verwendung nachwachsender Rohstoffe für den professionellen wie auch für den Hobbymarkt formuliert. „Es ist wichtig, dass wir uns nicht auf bestimmte Rohstoffe wie Torf konzentrieren, sondern alle Rohstoffe hier einbeziehen“, heißt es- denn alle Rohstoffe hätten ihre Vor- und Nachteile. „Auf jeden Fall ist klar, dass wir angesichts der zunehmenden Weltbevölkerung bis 2050 alle Rohstoffe dringend benötigen, um die wachsende Nachfrage zu befriedigen.“ In der Torfgewinnung folgen die niederländischen Substrathersteller dem System des verantwortungsvoll produzierten Torfs RPP (Zertifizierungssystem Responsibly Produced Peat ). Ziel sei es, bis zum Jahr 2025 ausschließlich Torf von RPP-zertifizierten Unternehmen zu nutzen.
Han de Groot, Direktor der niederländischen Vereinigung der Substrathersteller (VPN)
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